Schlangentransportbox?
Theriak (über lateinisch theriaca von griechisch thēriakón aus thēr(ion): Tier, wildes Tier, giftiges Tier) ist das wohl bekannteste „Geheimmittel“ der Pharmaziegeschichte. Ursprünglich als Gegengift für Schlangenbisse entwickelt, wurde es im Lauf der Zeit mit immer weiteren Zutaten angereichert und schließlich ab dem Mittelalter als Universalheilmittel vermarktet. Von der Melancholie bis hin zur Pest sollte man alles damit heilen können.
Aufgrund des enthaltenen Opiums kann man sicherlich eine betäubende oder schmerzlindernde Wirkung unterstellen, aber als Wundermittel erwies sich der Theriak in erster Linie für den Geldbeutel des Verkäufers. Dementsprechend viele Scharlatane versuchten mit eigenen Mixturen ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Um diesem Treiben Einhalt zu gebieten, wurde die Herstellung quasi verstaatlicht: bis weit ins 18. Jahrhundert hinein führte man die Zubereitung des Theriak als öffentliches Spektakel in Anwesenheit höchster Autoritäten auf.
Eine der wichtigsten Zutaten war Vipernfleisch, da man vermutete, die Schlange müsse ja resistent gegen ihr eigenes Gift sein. Aus solcherlei Überlegungen heraus wurde es für Apotheker gang und gäbe, Schlangenfleisch in vielerlei Rezepturen einzusetzen – teilweise hielten sie zu diesem Zweck sogar lebende Tiere auf Vorrat. Beliefert wurden die Offizine von umherziehenden Schlangenfängern, die natürlich eine geeignete Transportbox benötigten. Wir konnten nun in Frankreich ein Objekt erwerben, das aller Wahrscheinlichkeit nach genau für diesen Zweck eingesetzt wurde. Da wir aber keine Vergleichsstücke kennen, ist hier eine vorsichtige Formulierung angebracht.
Es handelt sich um ein schmiedeeisernes, sechseckiges Gestell mit hölzernem Deckel und Bodenplatte. Die drei hinteren Seitenwände sind ebenfalls aus Holz, die Frontplatte wiederum aus massivem Eisen. Darauf ist eine nach oben kriechende Giftschlange mit aufgerissenem Maul montiert. Die zwei Wände seitlich der Vorderplatte sind als eiserne Türen mit einem engmaschigen Belüftungsgitter ausgestaltet. Seitlich gibt es je zwei eiserne Tragegriffe an einem Gelenk.
Das Alter des Behälters ist schwer zu bestimmen, aber Material und Verarbeitung deuten auf das 19. Jahrhundert hin, vielleicht unter Verwendung älterer Teile. In der Literatur gibt es Hinweise, dass in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Schlangenfänger mit solchen Kästen auf den Marktplätzen standen und Vipern verkauften. Im 18. Jahrhundert und davor sorgte ohnehin der Theriak-Hype für eine beständige Nachfrage, vielerorts war das ein durchaus relevanter Wirtschaftsfaktor. Die repräsentative Gestaltung als Hexagon mit schauseitiger Skulptur scheint jedenfalls auf ein einträgliches Geschäft zu verweisen.
Wie bei all unseren Exponaten – aber besonders bei diesem – würden wir uns über jegliche Hinweise und Datierungsvorschläge freuen. Vielleicht kennt auch jemand Vergleichsstücke?